6.1.1.6 Mathematische Hintergründe
Fast Geodätische Kuppeln mit Vierecken

Tetraeder-Strecken

Fast Geodätische Kuppeln mit Vierecken

Die Geodätischen Kuppeln haben alle etwas gemein. Sie beschäftigen sich ausschließlich mit Dreiecken, die noch ggf. zu Sechsecken zusammengefasst werden können.

Für uns stellt sich jetzt eher die Frage, gibt es ähnlich wie bei den fast Geodätischen Kuppeln Mechanismen, die nicht nur Dreiecke, sondern auch Vierecke berücksichtigen. Da sollte sich dann der gewiss sehr attraktive Rhombenikosidodekaeder - Stern einordnen. Bei all meinen Recherchen im Internet ist es mir nicht gelungen, einen entsprechenden Mechanismus zu finden. Das Einzige, was es in der Richtung gibt, sind die Parkettierungen regelmäßiger Polyeder in der Euklidischen Ebene, wobei wir hier von regelmäßigen Dreiecken und regelmäßigen Vierecken sprechen und natürlich regelmäßigen Fünfecken.

Natürlich lassen sich regelmäßige Fünfecke nicht in der Euklidischen Ebene parkettieren, aber wir befinden uns ja hier nicht in der Euklidischen Ebene. Nein, wir suchen eher nach einem Muster auf der Tetraeder-Oberfläche, Oktaeder-Oberfläche bzw. Ikosaeder-Oberfläche, wobei die regelmäßigen Fünfecke erst durch abstumpfen des das Muster enthaltenen Ikosaeders entstehen.

Schauen wir uns noch mal das Prinzip der Geodätischen Dreiecke an. Es fällt auf, dass die großen Dreiecke durch die kleinen Dreiecke strukturiert sind. Was wir brauchen, ist eine solche Struktur, in der nicht nur Dreiecke, sondern auch Vierecke vorkommen. Dabei bleibt dann auch die Klassifizierung in die Klassen I, II und III erhalten.

Aber wie immer, wenn man nicht genau das findet, was man braucht, fängt man an, aus dem, was man hat, eine passende Theorie zu entwickeln.

Ein interessanter Ansatz zeigt Aufgabe 8.1.4. Nach dem dort gezeigten Konstruktionsprinzip kann man aus dem regulären Parkett (3, 3, 3, 3, 3, 3) das archimedische Parkett (3, 4, 6, 4) gewinnen, auch wenn die dort angegebene Konstruktion des Herrn X nicht ganz fehlerfrei (Unterteilung in drei gleich lange Strecken) ist. In Abschnitt 8.2. wird das „Verbinden der Mittelpunkte benachbarter Parkettflächen durch Strecken“ als ein besonders interessantes und bedeutungsvolles Konstruktionsprinzip näher erläutert.

Für uns bedeutet das, da wir ja zunächst die vier gleichseitigen Dreiecke des Tetraeders, die acht gleichseitigen Dreiecke des Oktaeders bzw. die zwanzig gleichseitigen Dreiecke des Ikosaeders in der Euklidischen Eben haben und dass wir ebenfalls von dem regulären Parkett (3, 3, 3, 3, 3, 3) ausgehen können, auch wenn wir nur die vier / acht / zwanzig gleichseitigen Dreiecke benötigen.

Tetraeder-Strecken
Tetraeder

Oktaeder-Strecken
Oktaeder

Ikosaeder-Strecken
Ikosaeder

Tetraeder-Strecken
Tetraeder

Oktaeder-Strecken
Oktaeder

Ikosaeder-Strecken
Ikosaeder

Tetraeder-Strecken
Tetraeder-Strecken
Oktaeder-Strecken
Oktaeder-Strecken
Ikosaeder-Strecken
Ikosaeder-Strecken

Durch das Verbinden der Mittelpunkte benachbarter Dreiecke (schwarze durchgehende Linien) durch Strecken erhalten wir das reguläre Parkett (6, 6, 6), welches jedoch nicht geschlossen ist (rote gestrichelte Linien). Für uns bedeutet es jedoch etwas anderes. Ein vorhandenes Muster auf einem Dreieck muss zunächst an den Rändern der Dreiecke zueinander "passen" und es sollte symmetrisch sein, und zwar spiegelsymmetrisch zu den Mittelpunkten der Seiten der Dreiecke und rotationssymmetrisch zu ganzen Vielfachen von 120 Grad um die Mittelpunkte der Dreiecke.

Um eine Idee zu bekommen, wie wir weiter vorgehen können schauen wir uns den Rhombenikosidodekaeder und sein Oberflächennetz an. Dieses Netz können wir auf das Standardnetz des Ikosaeders abbilden und es sieht aus wie folgt.

Netz Rhombenikosidodekaeder
Ikosaeder-Netz Rhombenikosidodekaeder

Netz Rhombenikosidodekaeder
Ikosaeder-Netz Rhombenikosidodekaeder

Ikosaeder-Netz Rhombenikosidodekaeder
Ikosaeder-Netz Rhombenikosidodekaeder

Jeweils fünf zusammenhängende weiße Dreiecke ergeben nach dem Abstumpfen ein regelmäßiges weißes Fünfeck. Dabei hängen die oberen fünf weißen Dreiecke nach dem Zusammenbau des Körpers zusammen, ebenso wie die fünf unteren weißen Dreiecke.

Tetraeder - Netz und Oktaeder - Netz ergeben sich entsprechend.

Netz Kuboktaeder
Tetraeder-Netz Kuboktaeder

Netz Kuboktaeder
Tetraeder-Netz Kuboktaeder

Jeweils drei zusammenhängende weiße Dreiecke ergeben nach dem Abstumpfen ein regelmäßiges weißes Dreieck. Dabei hängen die linken zwei weißen Dreiecke und das untere Dreieck nach dem Zusammenbau des Körpers zusammen, ebenso wie die zwei rechten weißen Dreiecke und das obere Dreieck.

Netz Rhombenkuboktaeder
Oktaeder-Netz Rhombenkuboktaeder

Netz Rhombenkuboktaeder
Oktaeder-Netz Rhombenkuboktaeder

Jeweils vier zusammenhängende weiße Dreiecke ergeben nach dem Abstumpfen ein regelmäßiges weißes Viereck. Dabei hängen die oberen vier weißen Dreiecke nach dem Zusammenbau des Körpers zusammen, ebenso wie die vier unteren weißen Dreiecke.

Betrachten wir ein rotes Dreieck mit der Spitze nach oben in der Darstellung des Rhombenikosidodekaeder mit allen davon betroffenen Elementen.

Dreieck Rhombenikosidodekaeder
Dreieck aus Rhombenikosidodekaedernetz

Dreieck Rhombenikosidodekaeder
Dreieck aus Rhombenikosidodekaedernetz

Ähnlich wie in Aufgabe 8.1.4. liegen nur die Hälften der Vierecke in dem regulären Dreieck, aber auch nur die Hälften der regulären weißen Dreiecke. Wir berücksichtigen dies, indem wir dort, wo später die regulären Dreiecke aneinander befestigt werden, jeweils nur eine Seite die kompletten Vierecke und weißen Dreiecke besitzt und die andere Seite keine. Alle übrigen Kanten des Ikosaeders teilen sich die entsprechenden Vierecke und weißen Dreiecke.

An diesem Beispiel sieht man auch die Problematik. Da der Rhombenikosidodekaeder dreißig Vierecke besitzt und es halbe Vierecke nicht gibt, werden wir in solchen Fällen immer zwei rote Dreiecke, also Rauten betrachten müssen. Zunächst gilt es, die Dreiecke und Vierecke in ihrer Position und Richtung zu beschreiben, bzw. Beschreibungsmöglichkeiten zu finden.

Schauen wir uns dazu noch einmal die Oberfläche vom Rhombenikosidodekaeder an und dabei ein linkes rotes Dreieck mit der Spitze nach oben und das angrenzende rote Dreieck mit der Spitze nach unten. Beide Dreiecke ergeben eine Raute.

Raute Rhombenikosidodekaeder
Raute eines Rhombenikosidodekaeders

Raute Rhombenikosidodekaeder
Raute eines Rhombenikosidodekaeders

Auf der Raute sehen wir genau sechs weiße Dreiecke, zwei gelbe Dreiecke und drei Vierecke. Da die Oberfläche aus zehn Rauten besteht, haben wir an der Oberfläche genau sechzig weiße Dreiecke, die zu den zwölf Fünfecken der Oberfläche gehören, dreißig blaue Vierecke und zwanzig gelbe Dreiecke, genau die Kennzahlen für den Rhombenikosidodekaeder. Die rechts herausragenden Elemente passen genau in die Lücken links, wenn man identische Rauten aneinanderfügt um das komplette Ikosaeder - Netz zu erhalten.

Wir beginnen mit der waagerechten Linie in der Mitte der Raute (Grundlinie). Es fällt auf, dass die Elemente auf der Linie sowohl vertikal, als auch horizontal symmetrisch angeordnet sind und das erste und letzte Element je ein weißes Dreieck ist. Plausibel, da diese zur Ikosaeder/Dodekaeder basierenden Architektur gehören. Interessant ist, dass man die Elemente der Grundlinie um Vielfache von 60 Grad drehen kann und so die anderen roten Linien der Raute erhält. Dabei bleiben zwei Linien auf der einen Seite ohne Elemente in denen genau die überstehenden Elemente der anderen Seite passen, wenn man mehrere Rauten aneinanderfügt. Das erfordert zunächst die horizontale Symmetrie der Grundlinie. Wie wir später sehen werden, ist diese Symmetrie nicht unbedingt erforderlich, aber für unsere weiteren Betrachtungen wollen wir diese Symmetrie zunächst voraussetzen. Betrachten wir also vorerst nur vertikal und horizontal symmetrisch angeordnete Elemente der Grundlinie. Auf dieser Linie kann es Dreiecke und Vierecke geben. Dreiecke können so orientiert sein, dass sie eine Kante waagerecht oder senkrecht haben. Vierecke haben aus Symmetriegründen nur eine waagerechte Orientierung. An den Ecken können Dreiecke und Vierecke zusammentreffen. Einzige Einschränkung ist die Winkelsumme von 360 Grad. Da Vierecke nur 90 Grad Winkel aufweisen und Dreiecke nur 60 Grad Winkel, kommen nur folgende Kombinationen infrage: 6 Dreiecke, 3 Dreiecke und 2 Vierecke, oder 4 Vierecke.


Wegen Regel 1 und 2 und der Anzahl von Dreiecken, Vierecken und ggf. Fünfecken können Kuboktaeder, Rhombenkuboktaeder und Rhombenikosidodekaeder nur zur Klasse II gehören. Und zwar haben sie alle auf der Grundlinie zwei Dreiecke mit senkrechter Kante und ein Viereck.

Zumindest für Klasse I und II können wir durch die Reihenfolge senkrechter Dreiecke und waagerechter Dreiecke oder Vierecke auf der Grundlinie charakterisieren.

Bei Klasse III funktioniert solch eine Charakterisierung nicht. Schlimmer noch, bei all meinen Experimenten ist es mir nicht gelungen für die Klasse III einen Körper mit Vierecken zu konstruieren, die nicht durch Abstumpfen entstanden sind (siehe Abgeschrägter Hexaeder). Auch wenn ich aus Zeitgründen den Beweis noch schuldig bleiben muss vermute ich, dass es für die Klasse III keine solchen Körper gibt.

Für Klasse I und II jedoch gibt es solche Körper im Überfluss.

Bevor ich jedoch weiter darauf eingehe, ist es erforderlich für die Verteilung von senkrechten Dreiecken und waagerechten Dreiecken oder Vierecken (aus Symmetriegründen müssen Vierecke auf der Grundlinie immer waagerecht sein) auf der Grundlinie eine Codierung zu finden/definieren.

"Auf der Grundlinie werde Dreiecke mit senkrechter Kante mit einer 0 codiert, Dreiecke mit waagerechter Kante oder Rechtecke mit einer 1."

Definition 1

Aus Symmetriegründen können 0 und 1 nur in der ersten Hälfte der Grundlinie beliebig gewählt werden, auf der zweiten Hälfte wird die erste Hälfte gespiegelt wiederholt. Bei ungerader Anzahl der 0en und 1en muss wegen Regel 1 und 2 in der Mitte eine 1 stehen.

Kodierungen für die Klasse I beginnen immer mit einer 1, für die Klasse II immer mit einer 0.

Die ersten Kodierungen für die Klassen I und II finden wir unter

Für jede dieser Kodierungen läßt diese sich auf das Dreieck fortsetzen. Auch wenn ich aus Zeitgründen auch hier den Beweis schuldig bleiben muss, behaupte ich, dass es für jede mögliche Kodierung der Grundlinie mindestens ein Muster für das Dreieck gibt, zu dem sich die Grundlinie fortsetzen läßt.

Ein Muster auf einem solchen Dreieck beinhaltet immer ein größtes ganzzahliges Zwölfeck.

Die meisten Fortsetzungen sind dabei eindeutig. Wir können sogar sagen, wann sie nicht eindeutig sind und wieviele Fortsetzungen es gibt. zu diesem Zweck betrachten wir vorher noch die

Nach Formel 6 können wir uns die Anzahl der möglichen Fortsetzungen des größten Zwölfecks und damit die Anzahl unterschiedlicher Parkettierungen des Dreiecks berechnen.

von den ersten Grundlinien der Klassen I und II bis zu eine Länge von 7 gibt es nur 6, wo die Anzahl unterschiedlicher Parkettierungen 2 ist. Diese sind 10101, 101101, 0101010, 1001001, 1011101 und 1101011. Die ersten zwei Grundlinien mit Anzahl unterschiedlicher Parkettierungen 3 sind 010010010 und 100010001 .




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